Rezension Hans-Peter Kunisch „Todtnauberg“

„Todtnauberg. Die Geschichte von Paul Celan, Martin Heidegger und ihrer unmöglichen Begegnung“ so der Titel des Buchs von Hans-Peter Kunisch, dass im Frühjahr 2020 bei dtv erschien. Eigentlich ein wichtiges Thema für ein Interview, doch ohne Buchmesse war es mir nicht vergönnt, Hans-Peter Kunisch zu treffen.

Der Autor geht der Frage nach: Was verband einen der wirkungsmächtigsten deutschen Philosophen und den bedeutendsten jüdischen Lyriker deutscher Sprache im 20. Jahrhundert, der dem ersten Treffen eines seiner bekanntesten Gedichte widmete: »Todtnauberg«?. Drei Mal begegneten sich Paul Celan und Martin Heidegger Ende der 1960er Jahre, zu Spaziergängen, zum Kaffee, zu Gesprächen. Zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein können. Ein langjähriger Antisemit und der einzige Holocaust-Überlebende seiner Familie.

Hans-Peter Kunisch stellt diese zwei wichtigen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts - den Dichter Paul Celan und den Philosophen Martin Heidegger in den Mittelpunkt seines Buchs. Der Autor wählt dabei eine sehr emotionale Herangehensweise an das Thema. Recherche in Archiven, er ging den Spuren von Heidegger und Celan nach und sprach letzte Zeitzeugen. Alles macht das Erzählte zu etwas sehr authentischen. Ein Grundthema ist der Holocaust – persönlich erlebt von Paul Celan – und die Schwierigkeit sich der NS-Vergangenheit zu stellen – hier insbesondere die Zeit bis 1970 in der alten Bundesrepublik – verkörpert von Martin Heidegger. Schonungslos analysiert Kunisch die Fakten hierzu, es ist für den Autor an der Zeit, das aufzuarbeiten. So zeigt er sehr offen, dass es in der Zeit bis 1970 insbesondere nach den Wahlen 1966 in der Bundesrepublik zum erstarken der Rechten in Form der NPD kam. Mit dem Buch unterstreicht Hans-Peter Kunisch, dass es wichtig ist, dass wir uns dessen stellen und offen darüber sprechen.

Schon beim ersten Treffen von Heidegger und Celan in Todtnauberg in der Hütte von Heidegger schreibt der Dichter in das Gästebuch, dass er „auf ein kommendes Wort im Herzen“ hofft. Aber es bleibt ein schwieriges Treffen, eine „unmögliche Begegnung“, wie es Kunisch nennt. Eine Auseinandersetzung zwischen Celan, der die Toten der NS-Zeit nicht ruhen lassen kann, und Heidegger, der sich als Rektor unter Hitler mitschuldig gemacht hat, gelingt wohl nicht.

Ein absolut lesenswertes Buch, dass zur Reflexion der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland beiträgt.

 

Im Rahmen der Aktion #daslesengehtweiter las Hans-Peter Kunisch am 19. April 2020 aus seinem Buch ›Todtnauberg. Die Geschichte von Paul Celan, Martin Heidegger und ihrer unmöglichen Begegnung‹ .

 

https://www.youtube.com/watch?time_continue=12&v=Bn4XJE-ssB8&feature=emb_logo

Rezension Hans-Peter Kunisch „Todtnauberg“

Rezension Hans-Peter Kunisch „Todtnauberg“

„Todtnauberg. Die Geschichte von Paul Celan, Martin Heidegger und ihrer unmöglichen Begegnung“ so der Titel des Buchs von Hans-Peter Kunisch, dass im Frühjahr 2020 bei dtv erschien. Eigentlich ein wichtiges Thema für ein Interview, doch ohne Buchmesse war es mir nicht vergönnt, Hans-Peter Kunisch zu treffen.

Der Autor geht der Frage nach: Was verband einen der wirkungsmächtigsten deutschen Philosophen und den bedeutendsten jüdischen Lyriker deutscher Sprache im 20. Jahrhundert, der dem ersten Treffen eines seiner bekanntesten Gedichte widmete: »Todtnauberg«?. Drei Mal begegneten sich Paul Celan und Martin Heidegger Ende der 1960er Jahre, zu Spaziergängen, zum Kaffee, zu Gesprächen. Zwei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein können. Ein langjähriger Antisemit und der einzige Holocaust-Überlebende seiner Familie.

Hans-Peter Kunisch stellt diese zwei wichtigen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts - den Dichter Paul Celan und den Philosophen Martin Heidegger in den Mittelpunkt seines Buchs. Der Autor wählt dabei eine sehr emotionale Herangehensweise an das Thema. Recherche in Archiven, er ging den Spuren von Heidegger und Celan nach und sprach letzte Zeitzeugen. Alles macht das Erzählte zu etwas sehr authentischen. Ein Grundthema ist der Holocaust – persönlich erlebt von Paul Celan – und die Schwierigkeit sich der NS-Vergangenheit zu stellen – hier insbesondere die Zeit bis 1970 in der alten Bundesrepublik – verkörpert von Martin Heidegger. Schonungslos analysiert Kunisch die Fakten hierzu, es ist für den Autor an der Zeit, das aufzuarbeiten. So zeigt er sehr offen, dass es in der Zeit bis 1970 insbesondere nach den Wahlen 1966 in der Bundesrepublik zum erstarken der Rechten in Form der NPD kam. Mit dem Buch unterstreicht Hans-Peter Kunisch, dass es wichtig ist, dass wir uns dessen stellen und offen darüber sprechen.

Schon beim ersten Treffen von Heidegger und Celan in Todtnauberg in der Hütte von Heidegger schreibt der Dichter in das Gästebuch, dass er „auf ein kommendes Wort im Herzen“ hofft. Aber es bleibt ein schwieriges Treffen, eine „unmögliche Begegnung“, wie es Kunisch nennt. Eine Auseinandersetzung zwischen Celan, der die Toten der NS-Zeit nicht ruhen lassen kann, und Heidegger, der sich als Rektor unter Hitler mitschuldig gemacht hat, gelingt wohl nicht.

Ein absolut lesenswertes Buch, dass zur Reflexion der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland beiträgt.

 

Im Rahmen der Aktion #daslesengehtweiter las Hans-Peter Kunisch am 19. April 2020 aus seinem Buch ›Todtnauberg. Die Geschichte von Paul Celan, Martin Heidegger und ihrer unmöglichen Begegnung‹ .

 

https://www.youtube.com/watch?time_continue=12&v=Bn4XJE-ssB8&feature=emb_logo